Denglisch und Anglizismen: ein modernes Sprachphänomen 2024
Sprachen verändern sich über die Jahrzehnte und Jahrhunderte regelmäßig, die Verständigung mit einem Menschen aus dem frühen Mittelalter würde sich wahrscheinlich heutzutage bereits als recht schwierig gestalten. Auch in unserer heutigen Zeit befindet sich die deutsche Sprache nach wie vor im stetigen Wandel, vor allem die zunehmende Internationalisierung hinterlässt ihre deutlichen Spuren. Englisch ist die moderne Weltsprache, darum finden sich immer mehr daraus entlehnte Phrasen und Wörter auch im deutschen Sprachgebrauch wieder: »Denglisch« besitzt inzwischen eine jahrelange Tradition, sowohl im privaten als auch im öffentlichen Jargon.
Denglisch und Anglizismen sind zwei Paar Schuhe
Aus der englischen Sprache entnommene Fremdwörter sind dabei langläufig als Anglizismen bekannt, hierbei handelt es sich in der Hauptsache um substantivierte Verben oder Substantive wie zum Beispiel Notebook, Jeans oder Comic. Auch Phrasen aus mehreren Wörtern wandern oftmals in die deutsche Sprache ein, beispielsweise das inzwischen beinahe schon nostalgische Sprichwort »Make love, not war« oder der Ausdruck »Just in time«. Anglizismen sind dabei objektiv feststellbar und deshalb auch Gegenstand sprachwissenschaftlicher Forschung. Die Bezeichnung »Anglizismus« beinhaltet auch keine Wertung, sondern lässt die in unsere Sprache eingegliederten neudeutschen Wörter möglichst wertfrei stehen.
»Denglisch« bringt hingegen eine deutliche Wertung mit sich, die eher negativ ausfällt. Häufig sind mit der Bezeichnung »Denglisch« englischsprachige Verben und Adjektive gemeint, die in deutsche Sätze eingebaut und oft sogar nach deutscher Grammatik gebeugt werden. So wird in Videospielen zum Beispiel eine Beute gedropped oder der Nutzer hat sein Handy gerootet. Auf diese Art und Weise entstehen englisch-deutsche Mischwörter, die
sich vor allem in den Sprachgebrauch bestimmter Bevölkerungsgruppen einnisten, wie der passionierten Gamer oder der Computer-Nerds, die zusätzlich gern mit Abkürzungen jonglieren.
Englische Wörter in sprachlichen Nischen: Beispiel Casino
Ein interessantes Beispiel hierfür liefert die Casinowelt, die neben dem Französischen »rien ne va plus« längst eigene Begrifflichkeiten entwickelt hat. Schon allein das Wort »Dealer« für diejenige Person, die bei Kartenspielen ala Blackjack und Poker das Tischspiel bedient, entstammt ganz offensichtlich ursprünglich nicht der deutschen Sprache, wird aber auch hierzulande verbreitet verwendet. Ein Glücksspieler kann durchaus zum Gambler werden, ebenso wie der Spielbankbesucher manchmal das Glücksrad spinnt, anstatt es ganz einfach zu drehen. Ein High Roller spielt mit hohen Einsätzen während die Slots immer in bunten Farben verlockend blinken. Beim Table Game treten die Spieler am Spieltisch gegen den Dealer an, sei es im Roulette, Blackjack oder Poker. Mit undurchschaubarem Pokerface sichert sich mancher Zocker gute Gewinnchancen. Doch wie das Casino Glossar zeigt, gibt es nicht nur englische Sprachanleihen, auch Französisch und Italienisch werden gern und häufig verwendet.
Hybridwörter mit englischen und deutschen Bestandteilen
Hybridwörter vereinen einen deutschsprachigen Anteil mit einem englischsprachigen, das Wort Flughafenterminal ist eines von ihnen. Weit verbreitet sind auch solche Begriffe wie Backshop, Elektrostore oder Prepaidkarte. Natürlich gibt es für diese Dinge auch passende volldeutsche Bezeichnungen, doch klingen die neuen Wörter einfach moderner und gehen in manchen Fällen sogar flotter von der Zunge. Eine im Voraus bezahlte Telefonkarte oder ein Elektrofachgeschäft macht nur halb so viel Spaß, ist aber sprachlich natürlich nach wie
vor völlig korrekt.
Denglisch im alltäglichen Sprachgebrauch
Es gibt inzwischen viele von breiten Bevölkerungsschichten angewandte denglische Verben. Das weiß jeder, der schon einmal einen Flug gecancelt oder auf dem Sofa gechillt hat. An diesen beiden Beispielen ist auch sehr schön zu erkennen, dass einige denglische Wörter eher von der Jugend benutzt werden, während andere Aussagen sich sogar bereits im gehobenen Sprachgebrauch eingegliedert haben.
Insgesamt tauchen Anglizismen und Denglisch im modernen Alltag überraschend häufig auf, wir haben uns längst an sie gewöhnt und nehmen diese nicht mehr konkret wahr. Finden wir die Hose unseres Partners stylisch oder pimpen uns selbst zur Party auf, pflegen wir zwar einen recht lockeren aber dennoch durchaus üblichen Sprachgebrauch. Erzählen wir einem Freund, dass wir seine Datei längst downgeloadet haben oder gestern mit dem Fahrrad gecrashed sind, werden wir auf jeden Fall verstanden – manchmal aber auch ein bisschen belächelt. Wer seine Sätze mit denglischen Verben und Adjektiven überfrachtet, klingt in den Ohren seiner Zuhörer daher oft ungewollt komisch – es sei denn, es unterhalten sich zwei Gleichgesinnte, die bereits sprachlich aufeinander eingespielt sind, und wahrscheinlich gar nicht merken, wie sehr sie für Außenstehende aus der Rolle fallen.
Nicht jeder findet Denglisch gut
Was dem einen längst zur Gewohnheit geworden ist, das versuchen andere Menschen zu bekämpfen. Denglisch wird in manchen Kreisen als sprachliche Unart angesehen, der es aus dem Weg zu gehen gilt und die am besten sogar verboten werden sollte. Solche zum Teil verbissenen Pfleger der deutschen Sprachkultur
hat es schon immer gegeben, sie hinderten die Sprache aber nie daran, sich weiterzuentwickeln; unabhängig davon, ob vereinzelte Individuen die jeweilige Entwicklungsrichtung nun als falsch oder richtig empfanden.
Heute geht die Veränderung der Sprache vielleicht schneller voran als in bisherigen Zeiten, denn durch die moderne Technik haben sich die äußeren Einflüsse extrem verstärkt. Wahrscheinlich gab es deshalb auch noch nie so große Sprachbarrieren zwischen Alt und Jung wie aktuell, die Generation unserer Großeltern hat schließlich nicht einmal Englisch in der Schule gelernt. So gilt es also für die älteren Leute, trotzdem irgendwie am Puls der Zeit zu bleiben, um die Sprache ihrer Enkel zu entwirren, während sich gleichzeitig mancher junge Mensch im Gespräch mit dem Großvater zusammenreißen muss, um nicht in den Jugendslang zu verfallen.
Viele Anglizismen sind längst im Duden angekommen
Dass die englischen Satzelemente in die deutsche Syntax eingepasst werden und so dem grammatischen Fluss der Sprache unterliegen, gibt jedenfalls Anlass zur Hoffnung, dass die traditionellen Sprachstrukturen uns noch lange erhalten bleiben. Manchmal fällt es trotzdem noch schwer, den passenden deutschen Artikel für ein englisches Substantiv zu finden oder die deutsche Vergangenheitsform eines englischen Verbs zu bilden, doch nach und nach halten die anglistischen Wörter sogar im Duden Einzug: Damit sind die entsprechenden Regeln dann genau festgeschrieben. Wer heutzutage einen frisch gedruckten Duden durchblättert, erhält also die Bestätigung, dass sich viele Anglizismen und denglische Ausdrücke längst hochoffiziell durchgesetzt haben – manche von ihnen sind uns nicht einmal mehr bewusst.
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